Dienstag, 27. September 2016

Omega


Vor zehn Tagen kam ich auf einer Autofahrt 
ganz ungeplant am Wegweiser "Waldsee" vorbei.
Nach kurzem Überlegen entschloss ich mich,
ein weiteres Mal das Haus anzusehen,
in dem Lucas Herkunftsfamilie gewohnt hatte
und wohin er gebracht worden war
und eine Weile auch wohnte.
Ich fand es nicht gleich,
dachte, ich hätte mich in der Adresse getäuscht.
"Neuhofener Straße 37" hieß es ganz deutlich in meiner Erinnerung.

Wir waren im Mai 2013 schon dort gewesen,
hatten ein völlig verdrecktes und verwahrlostes Haus vorgefunden,
die Tür stand offen oder es gab keine.
Eine afrikanische Frau mit einem hübschen kleinen Mädchen an der Hand
kam uns aus dem Haus entgegen.

Der Gutachter Jürgen Stapelmann aus Mainz,
der Lucas Gutachten schrieb und für die sogenannte Rückführung
zur Herkunftsfamilie plädierte,
verglich - völlig nebensächlich - damals auch die beiden Wohnsituationen,
die der Herkunftsfamilie und unsere:
Dort herrsche lediglich ein anderes Ambiente.
Und: "Frau Rabenschlag, lassen Sie doch das Bubchen zu seinen Eltern!
Sie haben doch noch etwas anderes vor in Ihrem Leben!"

Ich fuhr die Neuhofener Straße in Waldsee ein zweites Mal entlang.
Nummer 39, dann der Friedhof...
Da war kein Haus Nr. 37 mehr!
Platt gemacht!
Kein Stäubchen mehr zu sehen!
Der armselige Garten lief nun direkt zur Friedhofsmauer hin,
über die ein Kreuz mit dem gekreuzigten Christus ragt.

Hat Luca sich vielleicht dort schon die Frage gestellt:
"Was haben die mit dem Jesus gemacht?"




Vom großen Eingangstor des Friedhofs 
führt eine Allee auf dieses Kreuz zu.
In das Tor eingearbeitet sind der erste und der letzte Buchstabe
des griechischen Alphabets (Α und Ω),
hier auf dem Foto der letzte, 



das Omega: Ω


*










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