Donnerstag, 31. Juli 2014

Wie vor Jahr und Tag...

Heute vor zwei Jahren, am 31. Juli 2012, 
wurde von einem deutschen Gericht, dem Oberlandesgericht Zweibrücken,
ein Urteil geschrieben über ein Kind.
Das Kind hatte seine ersten vier Lebenswochen in seiner Herkunftsfamilie verbracht,
war dann schwer erkrankt
und lag bis zu seinem achten Lebensmonat in verschiedenen Krankenhäusern,
dort unbegleitet von seiner Herkunftsfamilie.

Mit acht Monaten kam das Kind in unsere Pflegefamilie
und lebte bei uns vier Jahre,
ununterbrochen, alle Tage, alle Nächte.

Heute vor zwei Jahren, am 31. Juli 2012,
beschloss ein deutsches Gericht, das Oberlandesgericht Zweibrücken,
dass das Kind in seine Herkunftsfamilie "zurückgeführt" werden sollte.

Trotz seiner Entwicklungsverzögerung konnte das Kind deutlich äußern,
dass es nicht von uns weg wollte.
Da das Experiment "Rückführung" in diesem Fall jeglichen Erfahrungen und Erkenntnissen der Bindungspsychologie widersprach,
wurde das Argument erzeugt, wir, seine Pflegefamilie, gefährdeten sein Kindeswohl,
weil wir ihn nicht zu seiner Herkunftsfamilie gehen lassen wollten und für ihn bis zum Oberlandesgericht kämpften.

Aus diesem Grund wurde des Kindes Kindeswohl am 25. Oktober 2012 sicher gestellt,
indem es auf der Straße vor unserem Haus deportiert wurde
von Mitarbeiterinnen des Jugendamtes Rhein-Pfalz-Kreis und des Ludwigshafener Zentrums für individuelle Erziehungshilfen (LuZIE).

Wie individuell diese Erziehungshilfe für das Kind  war,
zeigte sich weiterhin daran,
dass es von uns nicht etwa gleich in seine Herkunftsfamilie gebracht wurde,
sondern für zwei Monate in eine andere Pflegefamilie.

Durch einen Antrag auf Umgang mit dem Kind erfuhren wir,
dass das Kind schwer traumatisiert worden war durch diese 
individuelle Aktion für das Kindeswohl.

Wer hätte das gedacht?


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Dienstag, 15. Juli 2014

Nehmen wir an...

Nehmen wir an, ein Kind wird mit einer besonderen gesundheitlichen Situation geboren und ist dadurch über die ersten sieben bis acht Monate seines Lebens intensiver medizinischer Versorgung ausgesetzt.
Nehmen wir an, die leiblichen Eltern des Kindes nehmen aus verschiedenen Gründen nur in geringem Maß an dieser intensiven Lebensphase ihres Kindes teil.
Nehmen wir an, den behandelnden Ärzten und den das Kind versorgenden Schwestern und Pflegern fällt diese Abwesenheit sowie das geringe Einfühlungsvermögen der Eltern bei den seltenen Besuchen so stark auf, dass sie das Jugendamt darüber informieren.
Nehmen wir an, das Jugendamt nimmt fürsorglich dieses Kind in Obhut und bringt es in eine erfahrene Pflegefamilie.
Nehmen wir an, das Kind beginnt in der Pflegefamilie, sein intensivmedizinisches Leben einzutauschen gegen intensives Beziehungsleben, wodurch es recht eigentlich erst anfängt zu leben und gedeihender fröhlicher Säugling zu sein.

Nehmen wir an, man denkt, das Kind sei ein Auto, das man nach erfolgter Reparatur zurück in die Herkunftsgarage bringt.
Nehmen wir mal an...

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In wenigen Minuten alles gesagt über die Mängel und Vergehen im Pflegekinderwesen hat
Professor Dr. Ludwig Salgo, Stiftung zum Wohl des Pflegekinds, in diesem Interview.

Den Film zum Interview gibt es hier: "Familie auf Abruf - ein Zuhause für Pflegekinder".


 



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