Dienstag, 28. Mai 2013

"Das mit dem Ludwigshafen..."




In der Zeit nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 31.07.2012
spitzte sich die seelische Lage des Kindes immer mehr zu.
Der Plan lautete ja Hinführung zu den leiblichen Eltern,
bei denen das Kind, außer während seiner ersten vier Lebenswochen,
nie gelebt hatte.
Ein strenger Zeitplan wurde vom Jugendamt erstellt.
"Sanft" stand im Beschluss des Oberlandesgerichts.

Das Kind verstand nicht, was ihm geschah und geschehen sollte.
Es hatte Freude am Kontakt mit Menschen
aus dem sicheren Schutz seiner Bindung an uns.

Länger als drei Stunden im Kindergarten
war es bis dahin nie ohne uns irgendwo gewesen.

Nun sollte es Schlag auf Schlag gehen mit der Umgewöhnung.
Acht Stunden am Stück plus jeweils 45 Minuten 
für die Hin- und Rückfahrt nach Ludwigshafen,
zweimal in der Woche und mehr.

Tagsüber bei uns zu Hause lebte es noch eine gewisse Normalität,
aber in den Morgen-, Abend- und Nachtstunden
stellte es uns immer wieder Fragen,
die so schwer zu beantworten waren.

Wie sollten wir Unerklärliches erklären?

Am 12. Oktober 2012 sagte das Kind:

"Das mit dem Ludwigshafen
ist schwer zu leben,
weil es so verrückt ist,
das ist verrückt,
da kommt alles durcheinander."



*

Wir schrieben alles auf, was das Kind diesbezüglich sagte.
Wir meldeten es dem Jugendamt zurück,
wir trugen es bei Gericht vor.
Ich fotografierte das Kind,
wenn es total verweint von einem Besuch zurück kam,
weil es Heimweh nach uns hatte.
Wir legten die Fotos dem Richter beim Amtsgericht Neustadt/Weinstraße vor.
Verärgert fragte dieser, wieso ich auf die Idee komme,
das weinende Kind zu fotografieren...


Er fragte nicht, wieso das Kind denn weine,
obwohl vom Jugendamt alles so positiv verlaufend beschrieben wurde.


*

In Deutschland.
2012


*

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