Donnerstag, 29. November 2012

sowohl



Wir Pflegeeltern haben im letzten Gerichtstermin (und auch schon davor) auf die mehrfache Frage des Gerichts, ob wir aktiv und positiv die Rückführung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern unterstützen, die klare Aussage getroffen, dass eine Rückführung in diesem Fall unserer innerlichen Überzeugung widerspricht.

Deshalb widerspricht ein weiterer Verbleib des Kindes bei uns dem Kindeswohl - so urteilen das Jugendamt des Rhein-Pfalz-Kreises, der Verfahrensbeistand und das Gericht - , weil sich das Kind ständig in einem seelischen und emotionalen Konflikt befindet, wenn es zwischen der leiblichen Mutter und der Pflegemutter entscheiden muss.

Um diese massive Kindeswohlgefährdung vom Kind abzuwenden, hat das Jugendamt des Rhein-Pfalz-Kreises das Kind heute vor fünf Wochen ohne Ankündigung auf offener Straße vor unserem Haus geschnappt und unter dem Vorwand einer amtsärztlichen Untersuchung in eine dem Kind fremde Pflegefamilie gebracht.

Ohne Vorbereitung, ohne Verabschiedung, ohne Tröstung, ohne vertraute Kleidung, ohne vertraute Spielsachen, aber vor allem ohne seine seit vier Jahren vertrautesten Menschen pendelt nun das Kind zwischen der ganz fremden Pflegestelle und der nur anfänglich angelegten Beziehung zu seiner Herkunftsfamilie.

Zu den Hauptbezugspersonen seines bisherigen Lebens, zu uns, seiner sozialen Familie, hat es keinen Kontakt.

So übt es für Gericht und Jugendamt seine Rückführung, die keine Rückführung, höchstens eine Hinführung ist, da das Kind nur die ersten vier Lebenswochen in seiner Herkunftsfamilie gelebt hat.



Sonntag, 25. November 2012

schmerzlich


Unser Pflegekind kam zu uns, als es acht Monate alt war.
Das war im November 2008.
L. hatte bis dahin sein Leben in vier verschiedenen Krankenhäusern verbracht. Er war noch sehr krank, als er zu uns kam, und die Prognose war ungewiss.
L. hat eine kontinuierlich positive Entwicklung genommen und mit großer Freude sein gesundendes Leben ergriffen.
Wir wollten und wollen, dass er in dieser ihn fördernden Kontinuität verbleiben kann, die getragen ist von der liebevollen Beziehung und Bindung zwischen L. und uns.

Denn:
„Kinder lassen sich auf keine Experimente mehr ein. Ihre Lebensnarben haben sie geprägt. Man sollte sich deutlich machen, dass die meisten Erwachsenen in ihrem gesamten Leben niemals so viel Leid erfahren, wie es manches Kind bereits in seinen ersten Lebensmonaten oder -jahren erlebt hat! Gelingt es nicht, frühkindliche Traumata zu verarbeiten, ist ein normales Erwachsenenleben nicht möglich.“ (Vgl. Irmela Wiemann: Zusammenleben mit seelisch verletzten Kindern)

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Denn:
„Kinder mit Lebensgeschichten, die von körperlicher Überwältigung, seelischen Verletzungen und existenziellen Lebensängsten gezeichnet sind, haben ein Recht auf Schutz auch ihrer psychischen Nachholbedürfnisse. Sie sind in Umgangsstreitigkeiten durch ihre strukturell bedingte Unterlegenheit darauf angewiesen, dass ihr Wohlergehen und ihr Wille eine dem Umgangsrecht der leiblichen Eltern grundsätzlich übergeordnete Rolle spielt.“(Vgl. auch Irmela Wiemann: Zusammenleben mit seelisch verletzten Kindern)

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Denn:
„Aber auch in den Jugendämtern sind nicht alle Fachkräfte ausreichend ausgebildet. Viele Fachkräfte wissen nicht, wie wichtig der Aufbau und der Erhalt der Bindungen für ein Kind sind. In letzter Zeit haben zum Beispiel viele neue Träger die Betreuung von Pflegeeltern und Bereitschaftspflegeeltern übernommen, deren Mitarbeitern es an grundlegendem Fachwissen zum Thema Pflegekinder fehlt. Immer wieder trifft man auf „Fachleute“ die abenteuerliche Vorstellungen zu Bindungen haben.“ (Claudia Marquardt, Fachanwältin Familienrecht, Köln)

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Denn:
Konzepte zur Realisierung der Rückkehroption haben sich stets am kindlichen Zeitbegriff zu orientieren.
Von Goldstein/Freud/Solnit sind dazu Maximalzeiten vorgeschlagen worden, nach deren Ablauf die Annahme unvernünftig wäre, dass die verbliebenen Bindungen eines Kindes an seine abwesenden Eltern wichtiger wären als jene Bindungen, die sich zwischen ihm und seinen langzeitigen Betreuungspersonen entwickelt haben und zwar:
12 Monate bei einem Kind, das zum Zeitpunkt der Unterbringung bis zu drei Jahre alt war ...

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Denn:
In einer Anmerkung zur Entscheidung des BGH vom 26.09.2007 - XII ZB 229/06 - nimmt Prof. Dr. Gisela Zenz Stellung zu der Erwartung, eine tragfähige Beziehung durch Umgangsausweitung aufzubauen, um einen Wechsel hierdurch zu ermöglichen, wie folgt:
"Diese Erwartungen widersprechen nicht nur allen Erkenntnissen der Bindungsforschung, sondern ignorieren auch die existentielle Bedeutung einer sicheren Bindung sowie die unstreitig dramatischen Konsequenzen ihrer Zerstörung, die als Risiken bis in Erwachsenenleben in Form von Störungen der Bindungsfähigkeit zu Partnern und eigenen Kindern nachweisbar ist. Ebenso unverständlich ist es, wenn die Angst eines Kindes vor dem Verlust seiner Familie schlicht für manipuliert und also auch umgekehrt manipulierbar erklärt wird (Zenz, FamRZ 2007, S. 2060 bis 2063).

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Denn:
Ebenso legen die Professoren Zenz und Schwaab im Gutachten zum 54. Deutschen Juristentag dar, "...dass Versuche von Rückgliederungen von Kindern als illusionäre, gefährliche und grausame Experimente bezeichnet werden müssen, die jeder wissenschaftlichen und praktischen Grundlage entbehren".

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Warum all dies für L. nicht zutreffen soll und durch die abrupte Herausnahme einmal mehr missachtet wurde, erfüllt uns mit großem Schmerz.




Samstag, 24. November 2012

"Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen!"


Als auf Wunsch und Forcieren des Jugendamtes der richterliche Beschluss ergangen war, dass L. zu seiner Herkunftsfamilie geführt werden sollte, begann die Einübungsphase. Dem unwissenden Kind sollte nun spielerisch beigebracht werden, dass es sein bisheriges Leben aufgeben solle und in sein "nächstes" Leben einzutreten habe. 
L. reagierte auf dieses Ansinnen mit Schreck und Abwehr und sagte uns, den Menschen, bei denen er - außer den Krankenhausmonaten davor - sein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte, er wolle da nicht mehr hinfahren, womit er die Treffen beim Jugendamt meinte. Er wachte jede Nacht auf und fragte, ob er denn da wieder hin müsse. Er sagte: "Du sollst mich da nicht mehr hinbringen." Er fragte: "Sagen sie es heute wieder, dass wir kommen sollen?"-
Wir meldeten diese Aussagen und die Reaktionen des Kindes an das Jugendamt zurück. Die dortigen Mitarbeiter unterstellten uns mangelnde Professionalität, da wir dem Kind seine Angst nicht nehmen konnten und ihn nicht adäquat nach dem Wunsch des Jugendamts begleiteten.
Wenn für L. die Übergabesituationen schwierig waren und er weinte, sollten wir ihm bestätigen, dass wir ihn ja auf jeden Fall wieder abholen würden und man brachte ihm und uns das Sprüchlein bei:
"Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen!", was in diesem Fall heißen sollte: Sei ganz entspannt und freu' dich auf den Besuch, und später holen wir dich wieder ab.

Versprochen ist versprochen...

Donnerstag, 22. November 2012

Facebook


Heute vor vier Wochen, am Donnerstag, den 25. Oktober 2012, wurde L., unser Pflegekind, auf offener Straße vor unserem Haus "deportiert", d.h. durch das Jugendamt weggebracht, ohne dass wir vorher davon in Kenntnis gesetzt worden waren.
L. ist vier Jahre und acht Monate alt und hat seit seinem achten Lebensmonat ohne Unterbrechung bei uns gelebt, davor sein Leben schwer krank in verschiedenen Krankenhäusern verbracht ohne soziale Anbindung.
Er ist mit unserer ganzen Familie, mit Nachbarn, Freunden und Bekannten eng verbunden.
Das Jugendamt möchte ihn in seine Herkunftsfamilie hinführen und hat ihn nun in eine für L. fremde Pflegefamilie gebracht.
Unser Widerstand gegen den Bindungsabbruch, den L. erleidet, wenn er sein Leben hier abbrechen muss, ist, laut Jugendamt, eine "massive Kindeswohlgefährdung" und musste mit der Inobhutnahme (so heißt diese Deportation am 25.10. 2012) des Kindes geahndet werden.
Wir haben auf Facebook die Seite HerzBaum eingerichtet und bitten, sie weiterzuteilen.

Mittwoch, 21. November 2012

Was wir erleben:


„Das Kind wird mit seinen traumatischen Erfahrungen und den daraus folgenden Bedürfnissen nicht erkannt, verstanden und demzufolge auch nicht ernst genommen.“

„Die Situation des Kindes in den neuen haltgebenden Familien wird nicht ernsthaft berücksichtigt.“

„Reaktionen der Kinder auf solch tief greifende Verunsicherungen werden vorschnell als Irritationen zwischen Pflegefamilie und Herkunftsfamilie abgetan und münden in die Empfehlung an die Pflegeeltern, das haltsuchende Kind loszulassen. Vielfach wird die wahre Situation des Kindes nicht ernsthaft genug erkundet und damit bagatellisiert.“

„Die Hilfekonzepte vieler Jugendämter orientieren sich vorrangig an den Interessen der Eltern statt an denen des Kindes.
So werden nicht selten sehr häufige, verunsichernde Kontakte angeordnet, obwohl die Kinder dauerhaft in der Pflegefamilie beheimatet werden sollen oder schon sind.
Sozialraumorientierung, milieunahe Unterbringung und systemische Familienarbeit stehen als Begriffe dafür, dass die Kinder trotz ihrer schlimmen Erfahrungen eng mit der Herkunftsfamilie verbunden bleiben müssen und daran gehindert werden, sich sicher in der neuen Familie einbinden zu können.
Hierbei wird das Interesse von Eltern vorrangig berücksichtigt mit der Folge, dass den Kindern die Chance für eine gute Entwicklung erheblich erschwert wird. Oft ist die oberflächliche Erklärung zu hören, dass die Kinder, so sehr sie auch leiden, mit diesem Schicksal eben leben lernen müssen.“

(Alle Zitate: Landesverband für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien in Schleswig-Holstein e.V., http://www.kiap-sh.de/)




Dienstag, 20. November 2012

"Großes Besteck"


Wir möchten an dieser Stelle sagen, dass es uns fernliegt, die Arbeit der Jugendämter in Frage zu stellen.
Wir arbeiten seit 1999 als Pflegefamilie, genauer als Sonderpädagogische Erziehungsstelle mit dem Schwerpunkt in der Betreuung behinderter Kinder.

Unser erstes Pflegekind kam über das Jugendamt Frankfurt zu uns. M. ist heute erwachsen und lebt in einer Einrichtung, die seinem speziellen Betreuungsbedarf gerecht wird.
Wir haben im Lauf der Jahre zwanzig Kinder in ihrem Hiersein und auch in ihrem Weitergehen begleitet und blicken auf eine gute Kooperation mit den einzelnen Jugendämtern zurück.

Auch im Fall von L. verliefen die ersten beiden Jahre, in denen er bei uns lebte, in guter Kooperation mit dem Jugendamt des Rhein-Pfalz-Kreises. Die zuständigen Mitarbeiter wollten, dass L. auf jeden Fall bei uns verbliebe, da er wegen seiner dramatischen und traumatisierenden Krankenhausvorgeschichte keine weiteren Bindungsabbrüche erleben sollte.
Es gibt Empfehlungen, die durchaus auch in Jugendämtern so gehandhabt werden, dass für Kinder unter drei Jahren, die in Pflegefamilien leben, nach spätestens 12 Monaten entschieden sein muss, wo ihr dauerhafter Lebensort ist; für Kinder zwischen drei und sechs Jahren sollte es spätestens nach 24 Monaten keinen Wechsel mehr geben.
L. war 8 Monate alt, als er im November 2008 zu uns kam. Vier Monate später wurden wir gefragt, ob er denn bei uns bleiben könne, was wir bejahten.-

Am 25.10.2012 wurde das Kind, das ohne Unterbrechung seit vier Jahren bei uns lebte und gedieh und sich verwurzelt hat nicht nur in der engeren Familie, sondern auch bei Nachbarn, Freunden und Bekannten, ohne Ankündigung oder jegliche Vorbereitung vor unserem Haus abgeholt.
Als ich (Stefanie) Widerstand leistete, drohte man mir mit dem "großen Besteck" - ein Ausdruck, den ich bis dahin nicht kannte und der bedeutet, die Polizei zu rufen. Das Kind weinend und ausgeliefert inmitten dieser abstrusen Diskussion...gelockt mit Süßigkeiten und Bilderbuch...
Weil wir nicht kooperativ an der Hinführung des Kindes zu den leiblichen Eltern mitarbeiten, gefährden wir "massiv" das Kindeswohl, so lautet die Begründung.
Wir wurden abgekappt, damit der Plan aufgeht, der laut OLG-Beschluss durchgeführt werden muss, komme was da wolle...
Gleichzeitig wurde der OLG-Beschluss, der einen Verbleib des Kindes bis mindestens 31.1.2013 bei uns vorsah, durch das Jugendamt selbst gekippt.



Montag, 19. November 2012

Vorgeschichte


L. hat während seiner ersten vier Lebenswochen in seiner Herkunftsfamilie gelebt. Dann erkrankte er sehr schwer und verbrachte nahezu sieben Monate in verschiedenen Krankenhäusern ohne soziale Anbindung. Als er acht Monate alt war, wurde er in Ohhut genommen durch das Jugendamt und kam zu uns in die Pflegefamilie. Er war hospitalisiert und auch körperlich noch sehr krank. Das ist jetzt vier Jahre 
her. -
Die von den jetzigen Mitarbeitern des Jugendamts konstatierte Kindeswohlgefährdung liegt nach deren Ansicht darin, dass wir als Pflegefamilie L. nicht darin unterstützen zu denken, es sei nun das Schönste, das ihm passieren könne, wenn er uns verlässt und zu seiner Herkunftsfamilie geführt wird.
Wir haben kein Problem damit, dass L. Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie hat und Besuche stattfinden, wie das ganz üblich ist bei Pflegekindern. Wir haben seit vier Jahren L. zu diesen Umgangskontakten gebracht.
Während der ersten beiden Jahre, in denen L. bei uns lebte, war das Jugendamt absolut der Ansicht, dass L. bei uns bleiben sollte, da er durch seine Krankenhausvorgeschichte schon traumatisiert war und ihm kein weiterer Bindungsabbruch zugemutet werden sollte.
Anfang 2011 wechselten die zuständigen Mitarbeiter des Jugendamts, und so nach und nach, ohne dass es uns jemals mitgeteilt worden wäre, merkten wir, dass der "Karren" nun andersrum fahren sollte.
L. ist Opfer einer internen Umstrukturierung des Jugendamts Rhein-Pfalz-Kreis (Ludwigshafen). Anfang 2011 wurde dessen Pflegerkinderdienst übergeben an das Ludwigshafener Zentrum für individuelle Erziehungshilfen (LuZIE). Dort wurden die zwei Jahre seiner Bindung an uns ignoriert. Aus diesen zwei Jahren sind miitlerweile vier geworden.
Wir haben bis zum Oberlandesgericht Zweibrücken einen Verbleibensantrag gestellt, der abgewiesen wurde.
Die Richter schließen sich der Darstellung des Jugendamts an, und dieses negiert und ignoriert das bisherige Leben des Kindes.
Es wurde in den vier Jahren nie ein Hilfeplan erstellt, wie es ansonsten selbstverständlich ist für Pflegekinder.
Und weil wir mit alldem nicht einverstanden sind, gefährden wir das Kindeswohl, laut Jugendamt und LuZIE.









Freitag, 16. November 2012

So war es!


Am Donnerstag, 25.10.2012, wurde unser Pflegekind L., der im Alter von acht Monaten zu uns kam und seit vier Jahren bei uns lebt, durch das Jugendamt des Rhein-Pfalz-Kreises abrupt und ohne Ankündigung auf offener Straße vor unserem Haus in Lambrecht gegen seinen Willen in das Auto des Jugendamts gesetzt und weggebracht.
Vorwand war ein Schreiben des Vormunds, dass L. dem Amtsarzt in Ludwigshafen vorgestellt werden solle.

Es wurde abgelehnt, dass wir L. selbst hin brächten. Ebenso wurde abgelehnt, dass wir L. zur Untersuchung begleiteten.

Die Untersuchung bestätigte den Befund, den unsere Hausärztin zwei Tage zuvor diagnostiziert und dem Jugendamt attestiert hatte.

Nach der Untersuchung wurde L. vom Jugendamt in Obhut genommen mit der Begründung, wir gefährdeten das Kindeswohl.

Wir haben von L. seitdem nichts gehört, wissen nicht, wo er sich befindet und haben keinen Kontakt mit ihm. Er ist zum ersten Mal ohne uns über Nacht weg. Er konnte sich nicht von uns verabschieden; wir konnten ihm nicht erklären, was geschehen sollte.
Er hat keinerlei persönliche Gegenstände bei sich. Außerdem war er zum Zeitpunkt der Inobhutnahme krank und nahm Medikamente ein, was abrupt abgebrochen wurde.

L. ist aufgrund seiner Vorerkrankung entwicklungsverzögert.